So machte Hamilton die erste elektrische Armbanduhr bekannt

Bericht über die Pressevorstellung am 3.1.1957, zitiert nach [Flume1957/2].

Hamiltin Anzeige 1959 Gestern zeigte die Hamilton Watch Co. den Reportern triumphierend die Uhr, welche sie "Erste elektrische Armbanduhr der Weilt" nennen. Diese Uhr wurde gestern in den Verkauf gegeben in verschiedenen Städten in den USA zum Ladenpreis von 175 Dollar.

Laut Hamilton ist dies seit 500 Jahren, seit Peter Henlein die Zugfeder erfand, die erste einschneidende Änderung der Kleinuhr. Hamilton hat die Zugfeder entbehrlich gemacht.

Die Hamilton-Uhr arbeitet auf chemischer Basis mit einem kleinen Batterie-Motor. Die 1½-Volt-Batterie gibt ihre Energie ab durch eine feine Drahtschlinge, die auf der Unruh befestigt ist. Zwei Magnete sind auf beiden Seiten der Unruh. Die Unterbrechung der Batterie-Energie, zusammen mit dem magnetischen Feld, verursacht die Schwingung der Unruh. Die Genauigkeit der Uhr erreicht 99,995% sagt der Physiker der Hamilton Watch Co., Dr. John van Horn.

J.G. Shennan, der Präsident der Elgin, sagte: Elgin arbeitet intensiv an einer elektronischen Uhr seit einer Reihe von Jahren. Diese Uhr wird erst auf den Markt kommen, wenn sie uns und unsere Abnehmer völlig befriedigt. Zur Zeit können wir noch nicht sagen, zu welchem Zeitpunkt und :zu welchem Preis.

Die Bulowa Watch Co. hat Versuchsmodelle einer elektronischen Uhr, welche von den Führungskräften der Bulowa zur Zeit getragen werden. Der Unterschied zwischen einer "elektronischen" und einer elektrischen Uhr besteht darin, daß die elektrische Uhr die Zugfeder entbehrlich macht. Die "elektronische" Uhr dagegen macht fast die gesamten bisherigen mechanischen Teile entbehrlich, einschließlich der Unruh. Die Zeiger werden durch Batterie und Transistor bewegt. Die Hersteller behaupten, daß die "elektronische" Uhr noch genauer sei als die elektrische, obwohl diese Differenz bei der hohen Genauigkeit beider Arten für den Käufer nicht mehr ins Gewicht fällt.

Vertreter der Schweizer Uhrenindustrie erklären, daß sie seit Jahren an der elektrischen Uhr gearbeitet haben, daß sie kürzlich entschieden haben, zum mindesten für die gegenwärtige Zeit, der Automatic-Uhr den Vorzug zu geben. Die Automatic ergibt 99% Genauigkeit, also kaum eine Differenz gegenüber der behaupteten Genauigkeit der elektrischen Uhr.

Nach Hamilton ist der Vorteil der elektrischen Uhr, daß sie unverändert weiter arbeitet, wenn sie abgenommen wird, während die Automatic, wenn vom Arm genommen, nachläßt.

Die Schweizer sagen, daß jeweils ein kleiner Funken entsteht, wenn der Magnetismus unterbrochen wird. Dieser dauernde kleine Funken verursacht Korrosion. Hamilton sagt, sie habe den Funken so minimal gestaltet, daß die Korrosionsgefahr vernachlässigt werden kann.

Die Batterie ist von Hamilton mit einer Garantie von 1 Jahr geliefert, die Uhr wird aber wahrscheinlich 18 Monate gehen. Die Lebensdauer der Batterie beträgt 2 Jahre. Die Batterie, hergestellt von der Union Carbide, wird von den Uhrmachern zu 2,- Dollar verkauft.

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Feststellungen zur neuen elektrischen Armbanduhr

in: Neue Uhrmacher Zeitung 1957/2

Die schweizerische politische Korrespondenz schreibt u. a.:  Vor einigen Tagen ist eine Mitteilung auch durch die Presse gegangen, wonach es der amerikanischen Uhrenfabrik Hamilton Watch Co. gelungen sei, eine elektrische Armbanduhr bis zur Marktfähigkeit zu entwickeln. Handelt es sich nun bei der ''neuen elektrischen Armbanduhr, wie man sich geäußert hatte, wirklich um eine revolutionäre Entwicklung, oder lediglich um eine noch zu beweisende Verbesserung?

Nach Aussagen offizieller schweizerischer Uhrenkreise darf das Ereignis nicht zu hoch bewertet werden, denn bereits 1953 waren von den Fabriken Lip und Elgin ähnliche Versuche unter dem Namen "elektronische Uhr" bekanntgegeben worden. Diese besagten umwälzenden Neukonstruktionen, die mit Elektronik nichts gemeinsam hatten als den Namen, sind aber im Versuchsstadium stecken geblieben. Auch die neue elektrische Armbanduhr der Uhrenfabrik Hamilton, die das Federwerk durch einen, von einer eingebauten Batterie betriebenen winzigen Motor ersetzt, bringt, soweit es sich bis jetzt abschätzen läßt, gegenüber der automatischen Armbanduhr keine entscheidenden Vorteile. Tatsächlich läuft eine normal gertragene automatische Armbanduhr während Jahren ohne Wartung, während bei der neuen amerikanischen Uhr immerhin von Zeit zu Zeit - man spricht von rund 300 Tagen - die Batterie ersetzt werden muß.

Die ersten Patente, die die betreffende Firma auf diese Uhr erworben hat, datieren von 1937, und alle Abteilungschefs der Hamilton Watch Co. tragen seit fünf Jahren elektrische Armbanduhren; nach ihren Angaben ist die motorische Kraft gleichmäßiger als beim Antrieb durch Federwerk, wodurch eine größere Genauigkeit erzielt werde. Diese außergewöhnliche Genauigkeit der elektrischen Armbanduhr muß indessen noch praktisch bewiesen werden.

Die Uhrenfabrik Hamilton will die elektrische Armbanduhr in absehbarer Zeit auf den Markt bringen; die dafür verlangten Preise sind alles andere als niedrig: Eine Uhr mit Goldgehäuse kommt auf 175 Dollar (rund 700 DM) zu stehen, jene mit goldbelegtem Gehäuse auf 89,5 Dollar (fast 400 DM). Es ist ersichtlich, daß das "Uhrenwunder" die gewöhnliche automatische Uhr, die billiger ist, nicht verdrängen wird. Die einzige Überlegenheit besteht darin, daß die Reparaturen der elektrischen Armbanduhren nicht so teuer sind wie jene der automatischen. Es besteht daher kein Grund zur Befürchtung; dies um so mehr, als die Forschungen unserer Fabrikanten in der gleichen Richtung nicht in den Anfängen stecken geblieben sind und schon heute auch bei uns (Schweiz) elektrische Armbanduhren von höchster Vollkommenheit hergestellt werden könnten, wenn es als Vorteil oder als irgendwie nützlich erachtet würde.
(Basler Nachrichten)

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