Bulle-Clock
Trotz des englisch klingenden Namens, handelt es sich hierbei um eine französische Firma. Die Bulle-Clock ist wohl die häufigste elektrische Uhr auf den Sammlerbörsen. Sie wurde zwischen den beiden Weltkriegen ungefähr 300.000 Mal verkauft. Ihren großen Erfolg verdankt die Bulle-Clock wohl der Tatsache, dass ihre Entwickler sie nicht nur mit einer Gebrauchanweisung für die Käufer ausgestattet haben. Auch für den Verkäufer, in der Regel ja ein Uhrmacher, gab es eine ausführliche Reparaturanleitung, so dass die damals (und auch später) verbreiteten Vorbehalte gegen elektrische Uhren seitens der Uhrmacher abgebaut wurden.
Mauthe - System Bulle
Bezeichnung:
(Hersteller/Kaliber)
Zifferblatt: FMS (Friedrich Mauthe, Schwenningen), Werk: Bulle-Clock
France, Seriennummer:183666, Herstellungsjahr: 1933
Beschreibung:
(Klassifikation nach DIN 8235, technische Beschreibung und Besonderheiten)
Tischuhr mit direkt angetriebenem Pendelschwingsystem mit mechanischem
Kontakt.1/2-Sekunden Pendel.
Die Uhr trägt als Zifferblattaufdruck FMS, d.h. Friedrich Mauthe, Schwenningen. Das Werk ist jedoch mit Bulle-Clock, France signiert. Eine weitere Besonderheit ist der zylindrische Messingfuß, in dem die Batterie untergebracht ist. Er ist wesentlich kürzer, als bei allen mir bekannten und in Büchern abgebildeten Modellen. Offensichtlich ist er für eine Batterie in der Größe einer Monozelle gedacht.
Bulle Clockette
Bezeichnung: (Hersteller/Kaliber)
Zifferblatt: Bulle-Clockette, Werk: Bulle-Clock France, Seriennummer:
64956, Herstellungsjahr: 1926
Beschreibung:
(Klassifikation nach DIN 8235, technische Beschreibung und Besonderheiten)
Tischuhr mit direkt angetriebenem Pendelschwingsystem mit mechanischem
Kontakt.1/4-Sekunden Pendel.
Ob dies das Originalgehäuse ist, ist fraglich. Es wurde ein mehreren Stellen nachgearbeitet. Die fehlende Rückwand habe ich durch eine Glasplatte ersetzt. Die Batteriehalterung ist aber noch vorhanden gewesen (elastisches Band, zwei Haltestäbe). Für diese Uhr wurde eine umgebaute Monozelle mit Schraubkontakten eingesetzt (siehe Batterien für alte Uhren).
Beschreibung
Für die Bulle-Clock sind zahlreiche Beschreibungen und Reparaturanleitungen verfügbar. (Dokumente aus dem Internet siehe Links am Ende der Seite) Hier werden nur einige Besonderheiten beschrieben.
Allgemeines
Permanentmagnetisch angetriebene Schwingsysteme haben den Vorteil eines höheren Wirkungsgrades gegenüber den elektromagnetisch angetriebenen (siehe Klassifikation). Normalerweise (ATO, Brillié, Junghans Atomat, Kundo) sitzt der Permanentmagnet auf dem Schwingsystem und die Spule ist fest. Hier ist das genau umgekehrt, mit dem Nachteil einer komplizierteren Spannungszufuhr zur bewegten Spule.
Der Kontakt für den Antrieb des Pendels erfolgt einseitig, d.h. ein Antriebsimpuls pro Vollschwingung des Pendels.
Spannungszuführung und Pendelfeder
Die Spannungszuführung zur Spule erfolgt über die Pendelstange, sie
ist daher gegenüber dem Gehäuse zu isolieren. Bei üblichen
Pendelfedern würde das Federblech aber leiten. Es muss also bei dieser
Uhr aus einem nicht leitenden Material, in diesem Fall ein Leinengewebe,
bestehen. Die Spannungszuführung erfolgt nun direkt von der Batterie
über die am oberen Ende der Pendelfeder angebrachte Spiralfeder.
Die Rückführung geschieht über einen zweiten Draht parallel zur
Pendelstange, aber natürlich von dieser isoliert. An diesem zweiten
Draht ist ein
Kontaktstift angebracht, der die Kontaktwippe am Werk betätigt. Diese
wiederum ist leitend mit dem Gehäuse und darüber dann mit dem anderen
Pol der Batterie verbunden.
Isochronismusfeder
Eine Pendelfeder aus Federblech kann bei richtiger Dimensionierung und Anbringung den Isochronismusfehler reduzieren. (Isochronismusfehler ist die Abhängigkeit des Ganges von der Schwingungsweite des Pendels.) Dies ist bei einem Gewebe nicht möglich. Man hat dies bei der Konstruktion der Uhr erkannt und eine Spiralfeder zwischen Gehäuse und Pendelstange angebracht. Sie soll bei zunehmender Schwingungsweite einen zusätzlichen Widerstand einbringen und dadurch die Schwingungsweite stabilisieren.
Geschichte
(nach J.J.H. Vrolijk)
vor 1914 | Maurice Favre-Bulle (geb. 1870 in Besançon) und Marcel Moulin (geb. 1881) entwickeln den Prototyp einer elektrischen Pendeluhr. |
1914 | Prof. Marcel Moulin stirbt im 1. Weltkrieg |
1918 | Favre-Bulle beantragt ein erstes Patent für die
Konstruktion einer elektrischen Pendeluhr in seinem Namen und im Namen der
Witwe Moulin. Das Patent wird 1920 erteilt. Gründung der Firma Bulle-Clock et Cie. |
1920 | 2. Patent wird von Favre-Bulle alleine beantragt und 1921
erteilt. Die Firma wird umbenannt in "Companie Générale des Appareils Horo-Electrique". Aufnahme der Produktion der Bulle-Clock. |
1925 -1939 |
Blütezeit der Firma. Es werden ca. 20000 Uhren pro Jahr gebaut. |
1939 -1945 |
Kriegsbedingte Einstellung der Produktion |
1946 | Wiederaufnahme der Produktion nach Ende des 2. Weltkriegs. |
1954 | Mit dem Tode Maurice Favre-Bulles erlischt die Firma. Bis zu diesem Zeitpunkt sind ca. 330000 Uhren gebaut worden. |
Literatur
Belmont1975 | Henry L. Belmont: La Bulle-Clock, DIE Referenz für diese Uhren |
Miles1995 | Robert H. A. Miles: The Bulle-Clock of Favre-Bulle, englische Übersetzung der Bedienungs- und Reparaturanleitung |
Shenton1994 | Bei Shenton&Shenton findet sich nicht nur ein Preisführer zu diversen Modellen, sondern auch ein kurzer Abriss der Geschichte der Firma. |
Links
- Bulle
klokken von J.J.H. Vrolijk
bei Uhren-Hanse, Sammler-Ecke Elektro-Uhren (JPG Dateien) - Die
Reparatur der Bulle-Clock von Frank Dunkel
bei Uhren-Hanse, Sammler-Ecke Elektro-Uhren (PDF-Dokument) - Die "BHI Workshop Hints and Tips" sind leider von deren Webseite verschwunden
- Horologix: Restauriert Bulle und Eureka Uhren
- NAWCC First Australian Chapter No. 72: Dort gibt es einen informativen Artikel über die Funktionsweise und Reparatur von Bulle Uhren: Bulle Clocks
- Mike Murray: Examine Bulle mantle Clocks