Hugo Hettich Uhrenfabrik GmbH

Geschichte

Die Geschichte beginnt in Berlin mit der Firma Gustav Bössenroth. Dort wurden seit 1862 Großuhren hergestellt, zunächst mit zugekauften Werken. Spätestens 1936 kam es zu einer eigenen Werkeentwicklung (*1) und am 27.5.2937 wurde das Markenzeichen "Garant" auf die Firma Gustav Bössenroth eingetragen.

Firmen

Die Firmengeschichte beginnt mit der Firma Blesch & Hettich KG (Ludwigshafen/Bodensee), die laut einer späteren Anzeige im Jahr 1890 gegründet wurde und sich rühmte, die ersten Küchenuhren entwickelt zu haben.

Anzeige Blech & Hettich um 1950 Anzeige Blech 1958

Um 1960 kam es zu einer Trennung der Teilhaber und Neugründung der Firmen:

Die Firma Garant bestand noch bis 1980. Die Hugo Hettich Uhrenfabrik GmbH ging 1984 mit zu diesem Zeitpunkt noch 92 Mitarbeitern in Konkurs.

Noch vor dem zweiten Weltkrieg, wurde von Hugo Hettich die Schwebegang-Unruh entwickelt (Deutsches Patent DBP 935.355 vom 2. April 1941, Anmelder und Erfinder: Hugo Hettich). Erteilt wurde das Patent durch die Kriegswirren aber erst am 20.10.1955.  Viele deutsche Uhrenfirmen verwendeten diese Entwicklung, aber erst nach jahrelangen Gerichtsverfahren bekam Hettich auch die Lizenzgebühren dafür zugesprochen.

Als Zifferblattmarke verwendete man den Namen "Garant". Unter diesem Namen listet der Flume Großuhrschlüssel von 1957 [Flume1957/1] bereits eine elektrischen Uhr, einer "Batterieuhr mit elektrischem Aufzug, Gehwerk mit Schwebe-Unruh" (Batterie: 3V). Das Werk gab es auch in einer Ausführung mit Federaufzug. Diese Konstruktionen sind in dem Deutschen Gebrauchsmuster DGM 1.738.989U (Titel: Elektromagnetisch aufgezogene Uhr) vom 29.7.1955 beschrieben und geschützt, aber wieder auf den Namen Hugo Hettich.

Gebrauchsmuster DGM 1.738.989U 

Im Flume Großuhrschlüssel G2 von 1967 sind unter "Hettich" diverse elektrische Uhren verzeichnet (siehe unten) aber außer einem Kurzzeitmesser nur ein mechanisches Modell, das oben erwähnte Werk mit Federaufzug unter der Bezeichnung W30 bzw. W31. Unter der Marke "Garant" gibt es keine weiteren eigenen elektrischen Werke, nur mit der Bezeichnung G33 das Kienzle Klappankerwerk Kaliber 609. Bei den mechanischen Werken wird von Garant unter der Bezeichnung W10 eine Variante des oben erwähnten Werkes mit Federaufzug "mit magnetisch entlasteter Unruh" weitergeführt.

Quellen: wenn nicht anders gekennzeichnet nach Hans-heinrich Schmid: Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie [Schmid2005]

(*1) siehe Patente
(*2) Hans-Heinrich Schmid: priv. Mitteilung

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Original Hettich Schwebegang

Hettich Schwebegang

Patente

Das grundlegende deutsche Patent mit der Nummer 935.355 wurde bereits am 2. April 1941 eingereicht, aber erst am 30. April 1953 bekanntgemacht. Erteilt wurde es dann am 20. Oktober 1955. "Der Zeitraum vom 8. Mai 1945 bis einschliesslich 7. Mai 1950 wird auf die Patentdauer nicht angerechnet." Damit müsste das Patent bis zum 1. April 1966 gültig gewesen sein.

Weitere Patente betrafen die Verwendung des Schwebegangs bei Körner oder Zapfenlagern (DBP 936.140 vom 1. Oktober 1950), die Feinregulierung (DBP 928.393 vom 2. September 1952), die Ausführung und Anbringung einer Sicherheitsrolle (DBP 1.003.137 vom 26. Januar 1953), die Grobregulierung der Unruh durch vorgestanzte Löscher im Unruhreif (DBP 1.142.796 vom 8. Mai 1957) sowie die Befestigung der Wendelfeder (DBP 1.238.853 vom 16. Novenber 1964).

Deutsches Patent DBP 935.355

Auszug aus dem Patent 935.355

Erfindungsgemäß wird die Verwendung einer verhältnismäßig schweren Unruhe bei senkrechter Anordnung ihrer Schwingachse mit sehr geringem Aufwand dadurch ermöglicht, daß die Unruhe an einer als Richtkraft wirkenden Wendelfeder aufgehängt und ihre Achse so gelagert ist, daß die Lagerung nur in Querrichtung wirkende Kräfte aufnimmt.

Dies kann gemäß der Erfindung dadurch erreicht werden, daß durch die Achse der Unruhe ein sie führender Draht hindurchgeführt ist, oder es können führende Zapfenlager benutzt werden.

Wenn die Unruhe an einer gewöhnlichen Wendelfeder aufgehängt wird, würde sich diese bei der einen Drehrichtung verkürzen, bei der anderen entsprechend verlängern, so daß die Unruhe bei jeder Doppelschwingung eine Auf- und Abwärtsbewegung ausführen würde. Um diese unerwünschte Bewegung der Unruhe in Richtung ihrer Drehachse zu verhindern, kann die Wendelfeder in an sich bekannter Weise aus zwei Teilen gleicher Wicklungszahl, aber entgegengesetzten Wickelsinnes bestehen.

Der Patentstreit mit Junghans [3]

Im Jahr 1952 stellte Hettich seinen "Schwebe-Anker" vor. Er sollte den Gang von Uhren mit Kurzpendeln erhebliche verbessern, da diese extrem lagabhängig waren. Auch gegenüber Unruhen mit Stiftankerhemmung zeigten sich deutlich bessere Gangergebniss.

Junghans arbeitete ebenfalls an einer Lösung des Problems mit Hilfe einer schwebenden Unruh und war von den guten Gangergebnissen des "Schwebe-Ankers" überrascht. Als Reaktion darauf, erhob man im August 1953 Einsprüche gegen die beiden Patentanmeldungen H 3968 und H 6078 (die späteren Patente 935.355 und 936.140). Diese Patente zusammen mit dem älteren, bereits erteilten Patent 747.311 hättten Junghans den Bau des eigenen Schwebegangs erschwert.

Hettich bot Junghans daraufhin eine günstige Lizenz an und argumentierte, bei Nichterteilung der Patente könnten andere Firmen den "Schwebe-Anker" nachbauen. Dies wäre wohl nicht im Interesse beider Firmen. Am 6. April 1954 kam es dann zu einer Einigung: Junghans zog die Einsprüche gegen beide Patente zurück und Hettich erteilte Junghans eine gebührenfreie Lizenz.

Beide Firmen waren in der Folge mit ihrer Version des Schwebegangs erfolgreich: Hettich mit dem "Schwebe-Anker" und Junghans mit der "Exacta". Hettich erteilte noch anderen Firmen Lizenzen für den "Schwebe-Anker", u.a. Hermle und Urgos. Mauthe und Kieninger entwickelten eigenen Versionen des Schwebegangs. Ihnen war aber die Verwendung eines Spanndrahtes als Lageraufhängung verwehrt.

[3] nach: Gernot Stähle: Der Hettich-Schwebegang aus Sicht der Uhrenfabrik Junghans

Technische Beschreibung

Original Hettich Schwebegang

Der Original Hettich Schwebegangregler ist eine außergewöhnlich genau gehende Unruhe (1) von großer Robustheit. Sie hat einen großen Durchmesser und hängt schwebend an der Spirale (2), daher keine Reibung, kein Lagerdruck, kein Verschleiß. Durch die hohle Unruhachse (3) läuft ein gespannter federharter Stahldraht (4) von 0,26 mm Ø. Der Draht führt die Unruhachse (3), an deren Enden sich je 1 Lochstein (5) befindet.

Die zylindrische Spirale aus Nivarox (2) ist je zur Hälfte rechts und links gewickelt, damit der Unruhreif stets in gleicher Höhe kreist. Während sich die eine Hälfte ausdehnt, zieht sich die andere zusammen.

Die Regulierung erfolgt an der Unruhe (1). Durch Links bzw. Rechtsdrehen des Regulierzeigers werden zwei kleine Reguliergewichte nach innen oder außen bewegt.

Bei Linksdrehung (von oben gesehen) des Regulierzeigers (7) um einen Lochabstand geht die Uhr eine Minute pro Woche schneller, bei Rechtsdrehung entsprechend langsamer. Mit dieser Feinregulierung können Gangabweichungen bis zu 15 Minuten pro Woche behoben werden.

Große Gangdifferenzen werden durch paarweises Einsetzen oder Herausnehmen von vorgestanzten Regulierscheiben im Unruhreif ausreguliert. Ein Paar Scheiben im Unruhreif = ca. 24 Minuten pro Woche. Ein Paar innen auf der Kurvenscheibe = ca. 13/4 Minuten pro Woche Für Zeitwaagen ist die Schlagzahl 9000 pro Stunde einzustellen.

Der Unruhhalter ist an der Werkplatine leicht abnehmbar befestigt.

Das Anlassen erfolgt durch kurzes Vor- und Zurückdrehen des Minutenzeigers.

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Werkeliste

Hettich hat vor dem "Quarzzeitalter" im Prinzip nur drei verschiedene elektrische Uhrwerke gebaut:

Kaliber A/h Beschreibung
Garant
Hettich
9000 Schwebegang Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (3V)
Auch als Achttage Federzugwerk W30, W31
W41 18000 Batteriewerk mit Unruhmotor und IC TAA780
W51 9000 Schwebegang Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
ohne Sekunde, Zeigerstellung vorn
W52 9000 Schwebegang Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
ohne Sekunde, Zeigerstellung hinten
W56 9000 Schwebegang Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
mit Zentralsekunde, Zeigerstellung vorn, Kapsel mit geradem Aufhänger
W59 9000 Schwebegang Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
mit Zentralsekunde, Zeigerstellung vorn, Kapsel mit seitlichem Aufhänger für Küchenuhren mit Kurzzeitmesser
W66 72000 Transistor-Batteriewerk Swing, Schnellschwinger mit Zentralsekunde
W67 72000 Transistor-Batteriewerk Swing, Schnellschwinger mit Zentralsekunde
W76 3600 Secora Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
Batterie stehend, Flachunruhe
W77 3600 Secora Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
Batterie quer, Flachunruhe
W78 3600 Secora Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
Batterie stehend, Kugelunruhe
W79 3600 Secora Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
Batterie quer, Kugelunruhe
W80 3600 Secora Batteriewerk mit Klappmagnetaufzug (1,5V)
Batterie quer, Kugelunruhe und Säulen, 1cm hoch (Jahresuhrformat)

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Patentliste

Liste der deutschen Patente und Gebrauchsmuster (PDF)

Patent
Datum
Titel
Einreicher / Erfinder
Bemerkungen
747.311
1939-05-25
Lageranordnung für den drehbeweglichen Teil von Meßgeräten
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Lagerung über Spanndraht in Hohlwelle
928.398
1952-09-02
Regeleinrichtung für Zeitmeßgeräte
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Feinregulierungseinrichtung der Hettich Schwebegang Unruh
935.355
1941-04-02
Lagerung für die Unruhe von Uhrwerken
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Hettich Schwebegang Unruh
Lagerung durch einen durch die Unruh gespannten Draht, Spirale als doppelte Wendelfeder ausgeführt an der die Unruh "schwebt"
936.140
1950-10-01
Lagerung für die Unruhe von Uhrwerken
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Zusatz zu DE 935.355
Erweiterung der Hettich Schwebegang Unruh: Unruhwelle mit Körner oder Zapfenlager
1.003.137
1953-01-26
Gabelsicherung für Uhren mit freiem Ankergang
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Sicherungsrolle als flache Scheibe, die von den an der Unruhspeiche angebrachten Hebelstiften getragen wird.
1.142.796
1957-05-08
Verfahren und Einrichtung zum Grobabgleich der Schwingungszahl von Unruhschwingsystemen
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Regulierung der Unruh durch Ausbrechen von gegenüberligenden Sollbruchlöschern aus dem Unruhreif
1.235.821
1964-01-28
Elektrische Uhr mit selbstgesteuertem periodischem elektrischem Antrieb der Unruh
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Patent zur Hettich Swing 66
1.238.853
1964-11-16
Verfahren zur Befestigung der wendelförmigen Richtkraftfeder bei einer schwebend aufgehängten Unruh für Wand- oder Tischuhren
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Verkleben der Kloben mit der Unruhwelle
1.738.989
1955-07-29
Elektromagnetisch aufgezogene Uhr
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Gebrauchsmuster für eine elektrische Aufzugsuhr mit Klappmagnet, Gewichtshebel und Schwebegang-Unruh
1.745.993
1957-01-08
Einrichung zur Befestigung eines Uhrwerks in einem Kunststoffgehäuse
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Gebrauchsmuster für die schraubenlose Befestigung des Werk mittels Federblechen
1.773.394
1958-04-29
Elektromagnetisch aufgezogene Uhr
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Gebrauchsmuster für eine elektrische Aufzugsuhr wie in 1.738.989U beschrieben, hier nur Aufhängung des Elektromagneten
1.828.092
1960-10-04
Tischuhr mit Drehpendel
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Gebrauchsmuster zur Hettich Secora Drehpendeluhr
1.909.589
1964-12-03
Reguliereinrichtung für die Unruhen von Uhren
Hugo Hettich, Ludwigshafen (Bodensee)
Gebrauchsmuster für die Reguliervorrichtung in dem Kaliber 66 Swing
2.154.166
1971-10-29
Batteriebetriebene mit selbstgesteuertem Schwingungssystem arbeitende Uhr
Hugo Hettich, Überlingen
Hugo Hettich, Überlingen
Patent zu Hettich W41

Literatur

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